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Nick Hornby: "BALLFIEBER"

Ein Bekennerschreiben in Sachen Fußball


Nach Bill Bufords "Unter Hooligans" wieder ein Buch über englische Fans. Der Autor Nick Hornby, Jahrgang 1958, Lehrer, Schriftsteller, gibt eine Selbstanalyse seines Lebens mit dem Fußball.

Hornby ist weder Hool noch Schlägertyp, sondern ein normal verrückter Fan von Arsenal London, dessen Leben voll und ganz dem Fußball untergeordnet ist. Angefangen von seiner Kindheit und den Anfängen seines Interesses für Fußball, über die (vergebliche) Hoffnung, irgendwann mal "erwachsen" zu werden und dem Fußball zu entsagen, bis hin zur Gegenwart als Mittdreißiger beschreibt er die alltägliche Besessenheit eines Fußballfans in lockeren und gut lesbaren Stil.

Die Spieltage werden nicht in den Lebensablauf eingeordnet, sondern das Leben mit all seinen Terminen hat sich nach den Spielansetzungen des eigenen Vereins zu richten. Ein Jahr dauert nicht von Neujahr bis Silvester, sondern von August bis Mai; dazwischen liegen 2 Monate mit seltsam langen (weil fußballfreien) Wochenenden. Wichtige Lebenserinnerungen verknüpft Hornby zeitlich mit bestimmten Arsenal-Spielen: "Wann endete meine erste wirkliche Liebesbeziehung ? Am Tag nach dem enttäuschenden 2:2-Unentschieden gegen Coventry 1981." Nick geht zu (fast) allen Spielen nach Highbury, weder schlechte 0:0- (oder noch schlimmer: 0:1-) Spiele, Scheißwetter, uninteressante Gegner, Freundinnen, Krankheiten noch sonst irgend etwas können ihn daran hindern. Einladungen zu Hochzeiten und Parties schlägt er auf Grund von Punkt- oder Pokalspielen aus - aber mit "anständigen" Ausreden: "... auch wenn ich immer darauf achte, eine gesellschaftlich annehmbare Entschuldigung zu liefern, die mit Familienproblemen oder Schwierigkeiten bei der Arbeit zu tun hat: ‘Heimspiel gegen Sheffield United’ wird in derartigen Situationen für eine unangemessene Erklärung gehalten."

Selbst zukünftige eventuelle Familienzwistigkeiten quälen ihn in seinen Gedanken: "Was würde ich tun, wenn mein Sohn oder meine Tochter im Alter von 7 oder 8 entscheiden würden, daß Dad ein Verrückter und Tottenham, West Ham oder Manchester United das Team für sie ist ? Würde ich mich elterlich verhalten und akzeptieren, daß meine Tage in Highbury vorbei sind und ein Paar Dauerkarten für White Hart Lane oder Upton Park kaufen ? ... Ich würde ihm oder ihr erklären, daß ... sie einleuchtenderweise auf meine Begleitung verzichten müssen und zusehen sollen, wie sie dorthin kommen und den Eintritt bezahlen, wenn sie ihr Team sehen wollen."

Als englischer Fan treffen Nick die Katastrophen in Heysel 1985 und Hillsborough 1989 hart. Er stellt Überlegungen betreffs Stadien, Zäunen und Sitzplätzen an. Er betrachtet reine Sitzplatzstadien nicht als Allheilmittel gegen mögliche Unglücksfälle, beharrt aber auch nicht unbedingt auf den Erhalt der Stehplatzkurven; Atmosphäre und Stimmung gibt es trotzdem, denn "die reinen Sitzplatzblöcke in Ibrox machen mehr Lärm als das Clock End und die Nordtribüne (beides Fanblöcke bei Arsenal - U.K.) zusammen".

Bei etlichen Textstellen ist mir das Lachen im Halse stecken geblieben, denn irgendwie habe ich mich in dem Buch selbst wiedererkannt: Familienfeiern, Besuche bei Bekannten o.ä. finden auch entweder an spielfreien Tagen oder ohne mich statt. Selbst bei der Festlegung meines Hochzeitstermin - da mußte ich ja zwangsläufig anwesend sein - habe ich darauf geachtet, daß die Hochzeit garantiert eine Woche vor Saisonbeginn stattfindet. Sonst hätte ich ja ein Spiel verpaßt ...

Es ist schon irgendwie beruhigend zu wissen, daß sich die Verrücktheiten von einheimischen Fans kaum von denen der Fans im Mutterland des Fußballs - und wahrscheinlich ist es in allen anderen Ländern der Welt ähnlich - unterscheiden: "Nichts ist jemals von Bedeutung - außer Fußball." Dieses "Ballfieber" zu lesen ist eigentlich ein Muß für jeden Fan.

Uwe Kaiser, Fanclub "family"


Nick Hornby "Ballfieber. Die Geschichte eines Fans", Verlag Rogner & Bernhard, 335 Seiten, Preis: 28 DM, Vertrieb nur über "Zweitausendeins", Postfach, 60381 Frankfurt/Main, Tel. 0 69 / 4 20 80 00


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